

Pflegeeinrichtungen müssen Entgelterhöhungen rechtssicher ankündigen, gleichzeitig aber auch die Bewohner*innen und deren Angehörige transparent und verständlich informieren – eine enorme Herausforderung. Wie gelingt es, komplexe gesetzliche Vorgaben klar zu vermitteln, ohne dabei die Adressat*innen zu überfordern? Dieser Artikel beleuchtet rechtliche Rahmenbedingungen, praktische Hürden und gibt Einrichtungen erste Empfehlungen, wie die Umsetzung in der Praxis gelingen kann.
Gerade in der sensiblen Phase des Umzugs in eine Pflegeeinrichtung ist eine offene und transparente Kommunikation zwischen Pflegeeinrichtungen und Bewohner*innen essenziell. Dabei spielen nicht nur Vertrauen und Verständlichkeit eine Rolle, sondern auch gesetzliche Vorgaben. Um Rechte und Pflichten beider Seiten klar zu regeln, wird mit dem Einzug ein Wohn- und Betreuungsvertrag abgeschlossen. Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) legt fest, dass diese Verträge verbraucherfreundlich gestaltet sein müssen und sowohl die Wohnraumüberlassung als auch die Pflege- und Betreuungsleistungen verbindlich regeln.
Die Kosten für einen Platz in einer Pflegeeinrichtung steigen kontinuierlich – doch welche gesetzlichen Anforderungen müssen Einrichtungen bei einer Entgelterhöhung beachten? Der Bundesgesetzgeber macht in § 9 des WBVG klare Vorgaben zur Ankündigung von Entgelterhöhungen, mit denen er die Rechte von Bewohner*innen gestärkt hat.
Pflegeeinrichtungen dürfen die Entgelte nur erhöhen, wenn sich die Berechnungsgrundlage verändert hat und die Erhöhung angemessen ist. Die Bewohner*innen müssen sie darüber schriftlich informieren.
Das Ankündigungsschreiben muss folgende Punkte klar und verständlich enthalten:
Hinzu kommt, dass Einrichtungsträger die bundeslandspezifischen Anforderungen beachten müssen. So variieren etwa die Vorgaben zum Umlagemaßstab je nach Landesrahmenvertrag und ergänzenden Regelungen.
❕Der Gesetzgeber sieht darüber hinaus vor, dass Einrichtungen die Zustimmung der Bewohner*innen oder deren vertretungsberechtigter Personen einholen. Die Bedeutsamkeit der Zustimmung der Bewohner*innen wird durch ein aktuelles Urteil des Kammergerichts Berlin vom 17. Februar 2025 hervorgehoben. Darin hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass trotz eines erfolgten Entgelterhöhungsschreibens durch die Pflegeeinrichtung keine Abrechnungsgrundlage der Entgelte ohne Zustimmung der betroffenen Bewohner*innen vorliegen kann.
Wichtig: Die Erhöhung wird frühestens vier Wochen nach der schriftlichen Ankündigung wirksam und eine Abrechnung der Entgelte darf erfolgen. Deshalb sollte die vierwöchige Ankündigungsfrist deutlich im Kalender vermerkt werden, da bei Fristversäumung eine Verschiebung der Laufzeit der Vergütungsvereinbarung droht. Darüber hinaus haben die Bewohner*innen das Recht, die Berechnungen einzusehen und zu überprüfen.
Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass Träger von Pflegeeinrichtungen Preisanpassungen transparent kommunizieren und diese für die Betroffenen nachvollziehbar sind. Dennoch bleibt die Umsetzung in der Praxis eine Herausforderung.
Theoretisch scheint § 9 WBVG klare Vorgaben für die Ankündigung von Entgelterhöhungen zu machen. Doch in der Praxis zeigt sich schnell: Begriffe wie „angemessen“, „hinreichend“ oder „rechtzeitig“ lassen viel Raum für Interpretationen. Das Gesetz legt lediglich die Mindestanforderungen fest – Pflegeeinrichtungen müssen diese so umsetzen, dass die Schreiben sowohl rechtssicher als auch für Bewohner*innen verständlich sind.
Ein großes Problem ist der Umfang der Ankündigungsschreiben. Sie müssen alle relevanten Informationen enthalten, aber gleichzeitig verständlich und übersichtlich bleiben. Eine Informationsflut kann schnell dazu führen, dass Betroffene den Überblick verlieren und überfordert sind. Entgelterhöhungen betreffen oft ältere, pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige oder gesetzliche Betreuer*innen. Eine adressatengerechte Kommunikation ist daher entscheidend:
Im Zuge der Einführung der regional üblichen Entgelte nach dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) standen Pflegeeinrichtungen vor der schwierigen Aufgabe, drastische Kostensteigerungen zu erklären. Gleichzeitig war unklar, wie die Kostenträger mit den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen in den Vergütungsverhandlungen umgehen.
So kam es in einigen Fällen zur Verdoppelung der Eigenanteile für Bewohner*innen. Die daraus resultierende Unzufriedenheit äußerte sich in einem Anstieg von Beschwerdebriefen und Stellungnahmen im Rahmen der Anhörung der Interessenvertretungen. Je höher die Steigerung der Entgelte ausfällt, desto größer der Unmut der Betroffenen.
Da das WBVG nur Mindeststandards definiert, gibt es oft unterschiedliche Interpretationen. Kritische Berichte und Schlagzeilen lassen mitunter den Eindruck entstehen, dass viele Ankündigungsschreiben grundsätzlich unzureichend oder unrechtmäßig sind. Dies untermauert noch einmal, wie wichtig eine präzise und verbraucherfreundliche Kommunikation geworden ist.
Seit Inkrafttreten des WBVG hat sich die Ankündigung von Entgelterhöhungen stetig weiterentwickelt. Grund dafür sind nicht nur die zunehmende Regulierungsdichte, sondern auch die dynamischen Veränderungen in der Pflegebranche.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es entscheidend, dass Einrichtungen Einrichtungsleitungen und Verwaltungskräfte gezielt schulen, damit sie mit Fragen und Beschwerden zu den neuen Entgelten sicher und transparent umgehen können.
Praktische Handlungsleitfäden und Schulungsmaterialien können als erste Orientierung dienen. Für eine rechtlich einwandfreie Umsetzung empfiehlt es sich, die Ankündigungsschreiben durch eine Rechtsanwaltskanzlei prüfen zu lassen.
contec hat bereits einen wichtigen Schritt in diese Richtung initiiert: Ein Pilot-Workshop zum Thema „Kommunikation mit Bewohner*innen im Rahmen geplanter Pflegesatzerhöhungen“ brachte die zentralen Aspekte anhand eines konkreten Bundeslandes auf den Punkt.
Dabei zeigte sich, dass die Bedeutung des Themas in der Praxis oft unterschätzt wird. Eine klare, transparente und adressatengerechte Kommunikation ist jedoch essenziell.
☛ Wenn Sie sich intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen möchten, unterstützen wir Sie gerne. In unserem Workshop können praxisnahe Lösungsansätze erarbeitet werden, die den Balanceakt zwischen rechtlichen Vorgaben und einer verständlichen Kommunikation erleichtern. Konkrete Muster-Beispiele können dabei als wertvolle Orientierung für zukünftige Angehörigengespräche dienen.
Die Autorinnen:
Aygül Tekin (LL.B. & LL.M.) und Antonia Mertens (Diplom-Kauffrau) sind im Beratungsfeld Betriebswirtschaft & Trägerunternehmen tätig. Sie unterstützen und begleiten soziale Einrichtungsträger bei rechtlichen und ökonomischen Fragestellungen, insbesondere bei Verhandlungen der Entgelte mit den jeweiligen Kostenträgern. In Vorbereitung auf die Verhandlungen mit Kostenträgern in den Bereichen SGB XI, SGB V und SGB XII sind sie u. a. für die Umsetzung der Bewohnerkommunikation zuständig.
Text: Aygül Tekin/Antonia Mertens
© Kritdanai/Adobe Stock
Sie stehen vor der Herausforderung, Entgelterhöhungen rechtssicher und verständlich zu kommunizieren? Wir unterstützen Sie gern – mit praxisnahen Workshops und bei der Erstellung eines Musterschreibens. Sprechen Sie uns an!
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