7 Gründe für eine strategische Nachfolgeplanung
Teil I Strategische Nachfolgeplanung: Die strategische Nachfolgeplanung bietet die Möglichkeit, das Ausscheiden einer Führungskraft systematisch zu planen und damit einen reibungslosen Wechsel an der Unternehmensspitze zu sichern. Denn mit dem Nachbesetzen einer Schlüsselposition in einem Unternehmen gehen verschiedene Herausforderungen einher, die eine strategische Herangehensweise unabdingbar machen. Diese betreffen nicht nur organisationsinterne Rahmenbedingungen, sondern auch aktuelle Voraussetzungen des Marktes. Als Auftakt unserer Reihe zeigen wir Ihnen 7 Gründe auf, warum eine strategische Nachfolgeplanung für jedes Sozialunternehmen sinnvoll ist. In den nachfolgenden Artikeln beleuchten wir dann Zahlen, Daten und Fakten sowie die 7 Phasen einer strategischen Nachfolge.
1. Demografische Entwicklungen
Der Bedarf an sozialen Dienstleistungen wird komplexer, da immer mehr Menschen das hohe Alter erreichen. Um diese wachsende Klientel versorgen zu können, steigt die Bedeutung der fachlichen Führung sowie Entwicklung der Mitarbeitenden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl an potenziellen Nachwuchskräften schrumpft. Es entsteht ein Ungleichgewicht von Menschen, die aus dem Berufsleben austreten, und jenen, die nachkommen. Darüber hinaus kennzeichnet eine weitere demografische Besonderheit die Sozialwirtschaft Deutschlands: Ein Großteil der Führungspositionen in der Branche wird derzeit primär durch die Generation der Baby Boomer – geboren 1946 – 1964 – bekleidet. Ihr Ausscheiden aus der Unternehmensspitze bedeutet einen Generationswechsel auf Führungskräfteebene: Nachfolger*innen gehören meist der Generationen X oder vereinzelt Y an – beides weitaus weniger geburtenstarke Generationen. Die strategische Nachfolgeplanung hilft, vorausschauend und langfristig personelle Ressourcen sicherzustellen, um dem Mangel an Nachwuchskräften und den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.
2. Die großen Fußstapfen der ,Gründergeneration‘
Die Sozialwirtschaft ist nicht nur durch die Baby Boomer in Führungspositionen gekennzeichnet, sondern auch dadurch, dass diese oftmals seit Jahren oder Jahrzehnten ihre Positionen bekleiden – ähnlich wie in Familienunternehmen. Eine Art ,Gründergeneration‘ geht also in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Diese Führungskräfte haben nicht selten die Organisationen mit aufgebaut, Wachstum angestoßen und organisational umgesetzt. Sie sind Identifikations- oder Leitfiguren für die Mitarbeitenden und in der Branche stark vernetzt. Die nachfolgende Generation von Führungskräften tritt dementsprechend in ,große Fußstapfen‘. Um dennoch den Übergang an der Spitze des Unternehmens so zu gestalten, dass die Organisation reibungslos weiterläuft und Vorgänger*in wie Nachfolger*in zufrieden in einen neuen Lebensabschnitt einsteigen können, bietet sich eine strategische Nachfolgeplanung an.
3. Emotionen und Bindungen
Die langen und prägenden Amtszeiten der Schlüsselpositionen führen zu einer weiteren Herausforderung: Emotionen und die Bindung an das Unternehmen spielen eine große Rolle. Die amtierende Führungskraft muss sich schon vor dem eigentlichen Ausscheiden mit der Zeit nach ihrer Ära und damit mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen. Auch für die Mitarbeitenden ist der Eintritt der Führungskraft in den Ruhestand der Abschied einer meist wichtigen Leit- und Bezugsperson. Es verlangt ein strategisches Vorgehen, das die hohe Emotionalität, mit der Prozesse der Nachfolge behaftet sein können, und die Auswirkung derselben auf die Prozessgestaltung berücksichtigt. Eine strategische Nachfolgeplanung, die frühzeitig und objektiv mit professionellen Prozessen beginnt, schafft Transparenz und sorgt für eine geregelte Übergabe, in der sich alle Parteien auf die neue Situation einstellen können.
4. Wissenssicherung und -transfer
Da Führungskräfte des Top-Managements in vielen Fällen ihre Positionen sehr lange innehaben, bauen sie ein großes Repertoire wertvollen Wissens auf. Geht nun eine solche Führungskraft in den Ruhestand, stellt der Wissenstransfer von Vorgänger*in zu Nachfolger*in eine der größten Herausforderungen dar. Dass ein Großteil des stellenrelevanten Wissens in der Sozialwirtschaft personenbezogen und implizit ist, macht ein strategisches Herangehen noch wichtiger – denn dieses kann nur schwer dargestellt werden. Oft stellen sich diese Kenntnisse erst im Verlauf der Einarbeitung der neuen Führungskraft heraus, nämlich dann, wenn dieser entsprechendes Wissen fehlt. Ist der oder die Vorgänger*in dann nicht mehr im Unternehmen, kann dieses Wissensdefizit gravierend sein und weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens haben. Im Zuge einer strategischen Nachfolgeplanung ist also die Sicherung des Wissens der ausscheidenden Führungskraft ein maßgeblicher Aspekt, dem gesonderte Aufmerksamkeit zuteilwerden sollte.
5. Gesetzliche Veränderungen
Außerdem verändern gesetzliche Neuerungen das Umfeld sozialer Dienstleistungen in den letzten Jahren massiv und führen zu neuen Maßgaben, die eingehalten werden müssen. So brachten beispielsweise das Bundesteilhabegesetz (BTHG) sowie die Pflegestärkungsgesetze (PSG) Veränderungen mit sich, die die Arbeit in der Sozialwirtschaft auch in den kommenden Jahren prägen werden. Hier stellt sich die Frage, inwieweit diese Änderungen bereits im Unternehmen angekommen sind und umgesetzt werden. Wie steht es in diesen Fällen um den Wissenstransfer? Mit gesetzlichen Neuerungen, die sich noch in der Umsetzung befinden, gehen auch erhöhte Anforderungen an potenzielle Nachfolger*innen einher. Dies wiederum führt dazu, dass der ohnehin bereits kleine Bewerberpool noch weiter schrumpft und der Nachfolgeprozess somit erneut erschwert wird. Die strategische Nachfolgeplanung ermöglicht es, bereits im Auswahlprozess die nötigen Entwicklungsbedarfe einer neuen Führungskraft zu identifizieren und für die spätere Onboarding-Phase zu planen.
6. Personelle Fehlbesetzung vermeiden
Rund 40 Prozent der neu eingestellten Führungskräfte verlassen das Unternehmen schon in der Anfangsphase wieder (Bradt et al. 2006). Das kann sowohl an einer Fehlbesetzung durch mangelnde Recruitings-Prozesse und – damit einhergehend – unzureichende Kompetenzen des Nachfolgers bzw. der Nachfolgerin liegen als auch an einem fehlenden Onboarding und einem missglückten Start seitens des Unternehmens. Die Gründe für das frühe Ausscheiden einer Führungskraft sind vielfältig, können aber mit der strategischen Nachfolgeplanung minimiert werden: Mithilfe diverser Assessment- und Eignungsdiagnostikinstrumente unterstützt sie den Auswahlprozess für eine passgenaue Besetzung. Außerdem hilft sie, die Einarbeitung und Übergabe zu strukturieren und sorgt so für ein systematisches Onboarding, das wiederum nicht nur fachliche, sondern auch kulturelle Einarbeitung umfasst.
7. Kosten
Strategische Nachfolgeplanung sowie die Umsetzung der damit verbunden Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen stellen Investitionen dar. Eine fehlende oder unzureichende Nachfolgeplanung kann aber zu auftretenden Vakanzen oder Fehlbesetzungen führen, die insbesondere bei Schlüsselpositionen mit gravierenden Auswirkungen auf die Kosten verbunden sind. Je nach Schwierigkeit der Stellenbesetzung, der Art und Weise der Suche und dem Suchradius wird nicht selten die Schwelle zum fünfstelligen Bereich überschritten. Eine Überlappungszeit, je länger sie ist, stellt zwar ebenfalls einen Kostenfaktor dar. Gleichwohl kann eine Überlappungsphase von ca. vier bis acht Wochen zu einer guten Einarbeitung des oder der Nachfolger*in beitragen und somit Ausgaben im Nachgang verhindern, die durch eine erneute Ausschreibung oder wirtschaftliche Fehlentscheidungen entstehen können. Strategische Nachfolgeplanung ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit sozialer Unternehmen und wird sich mittelfristig immer auszahlen.
Text: Dr. Thomas Müller/ Lisa Ringele© contrastwerkstatt/ Adobe Stock
Dr. Thomas Müller
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