Wirksamkeitsnachweis in der Eingliederungshilfe: Praxistipps

Wirksamkeitsnachweis: Diskussion am Tisch
Dienstag, 13 Dezember 2022 14:41

Durch die Einführung des Bundesteilhabegesetzes wurde die Pflicht zur Überprüfung von Wirkung und Wirksamkeit gesetzlich verankert. Erfahren Sie hier, welcher Schritte es für einen erfolgreichen Wirksamkeitsnachweis in der Eingliederungshilfe bedarf und welche Instrumente eine konsequente und vielschichtige Überprüfung möglich machen. Lernen Sie hier außerdem einen praxistauglichen Weg von der Wirkungskontrolle bis zum Wirksamkeitsnachweis kennen, der individuell an verschiedene Bedürfnisse und Rahmenbedingungen anpassbar ist.

Kurzdefinition: Differenzierung und Schnittstellen von Wirkung und Wirksamkeit

Eine individuelle Wirkungskontrolle überprüft, ob und unter welchen Bedingungen vorher gesetzte Ziele eines oder einer Leistungsberechtigten erreicht wurden oder nicht. Der Gesamtplan sollte regelmäßig überprüft und fortgeschrieben werden (§ 121 Abs. 2 SGB IX). Davon abzugrenzen ist die Vertragsdimension der Wirksamkeit durchgeführter Leistungen nach § 125 Abs. 1 und 2 SGB IX. Die Wirksamkeit der Leistungen sollte in der Leistungsvereinbarung zwischen Leistungserbringern und Trägern geregelt sein. Dafür sollten Leistungserbringer anhand von Wirkannahmen darstellen, wie sie wirksame Leistungen gewährleisten können. Diese Leistungen gilt es dann im Hinblick auf deren tatsächliche Wirksamkeit im Hinblick auf die Zielerreichung im Einzelfall zu überprüfen. Beide Ebenen – Wirkung und Wirksamkeit – können sich in Teilen auch überschneiden. Denn die Wirkungskontrolle kann bereits einen möglichen Indikator für den Wirksamkeitsnachweis darstellen: Haben z. B. Leistungsberechtigte ihre Ziele nicht erreicht, kann dies auf eine geringe Wirksamkeit der von Leistungserbringerseite erbrachten Maßnahmen hinweisen.

Individuelle Wirkungskontrolle als Ausgangspunkt für den Wirksamkeitsnachweis

Wirkung und Wirksamkeit sollten also nicht voneinander losgelöst betrachtet werden, auch wenn sie zwei unterschiedliche Ebenen betreffen. Doch die Wirkungskontrolle bietet in vielerlei Hinsicht gute Anknüpfungspunkte für Leistungserbringer, um den Wirksamkeitsnachweis zu erbringen. Partizipation der Leistungsberechtigten, eine möglichst vielschichtige Betrachtung und vor allem die Kompatibilität mit der ICF haben in beiden Fällen Priorität.

Vor jeder Wirkungskontrolle steht die Unterstützung der Leistungsberechtigten, die Definition ihrer individuell definierten Teilhabeziele und der daraus resultierenden notwendigen Assistenzleistungen. Diese Aspekte bilden den Ausgangspunkt für die Evaluation der Zielerreichung. Das Wirkungscontrolling selbst umfasst im Anschluss die Überprüfung, ob die leistungsberechtigte Person ihre definierten Teilhabeziele erreicht hat und welche personenbezogenen und Umweltfaktoren für die Zielerreichung als förderlich bzw. hinderlich empfunden wurden.

Lesetipp: In unserem Übersichtsartikel zur ICF-basierten Teilhabeplanung können Sie noch einmal nachlesen, wie sich Bedarfsermittlung und Zieldefinition durch das BTHG und die ICF verändert haben.

„Mein roter Faden“: Ein partizipatives Instrument zur Wirkungskontrolle

Gemeinsam mit einem Kunden hat contec ein Instrument zur Wirkungskontrolle entwickelt, das Menschen darin unterstützt, ihre Bedarfe und individuellen Ziele zu definieren und herauszufinden, ob sie diese Ziele erreicht haben. Das Gesprächsbrett visualisiert die einzelnen Schritte und bildet gleichzeitig einen Gesprächsleitfaden ab. Das Instrument umfasst Karten, auf welchen zu den einzelnen Phasen Stichpunkte notiert und an der entsprechenden Stelle auf dem Brett abgelegt werden können.

Es basiert im Grundsatz auf einem etablierten Management-Spiel. „Mein roter Faden“ kann zur Überprüfung der Ziele des Gesamtplans für Menschen mit Behinderungen eingesetzt werden und ist ICF-kompatibel. Im Spiel wird nach den individuellen Zielen gefragt und inwieweit diese erreicht wurden, was sich für die Leistungsberechtigten verändert hat sowie welche Barrieren und Fördermöglichkeiten es auf dem Weg dorthin gab. Gemeinsam mit den Leistungsberechtigten wurde das Spiel partizipativ entwickelt. Es soll die Selbstbestimmung und Teilhabe der Leistungsberechtigten stärken, indem sie für sich wirksame und individuell abgestimmte Leistungen erhalten.

Wirksamkeitsnachweis: Mehrdimensionale Kundenbefragung

Die Wirkungskontrolle ist jedoch nur der erste Schritt auf dem Weg zum gesetzlich geforderten Wirksamkeitsnachweis. Eine von contec entwickelte Checkliste für unterschiedliche Bundesländer basierend auf den jeweils gültigen Landesrahmenverträgen wurde bereits mit verschiedenen Kund*innen verprobt. Daraus ist ein Core Set mit 36 Indikatoren entstanden, die sich sowohl auf Basisziele als auch auf Projektziele beziehen. Die Basisziele orientieren sich an der vorgegebenen Struktur-, Prozess- sowie Ergebnisqualität und die Projektziele an der Sozialraumorientierung, Personenorientierung und den Fachkonzepten.

Zudem bietet sich eine partizipativ entwickelte Kundenbefragung als Instrument zur Überprüfung der Wirksamkeit von Leistungen an. Diese befragt sowohl die Leistungsberechtigten als auch die Angehörigen sowie die Mitarbeitenden des Leistungserbringers und des Leistungsträgers. Die Befragung zur Kundenzufriedenheit zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Kontextfaktoren der Leistungsberechtigten in die Bewertung einbezieht.

Wirkinstrumente erfolgreich miteinander verknüpfen

Insgesamt braucht es neben dem passenden Instrument zum Wirkungscontrolling eine teilhabeorientierte Haltung der gesamten Organisation sowie eine professionelle Verknüpfung verschiedener Instrumente für den Wirksamkeitsnachweis. Denn mit Hilfe der Verknüpfung vorhandener und neuer Instrumente kann es gelingen, sowohl den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen als auch im Sinne der Teilhabe der Leistungsberechtigten Verbesserungspotenziale im eigenen Angebot zu identifizieren. Schließlich sind die gesetzlichen Vorgaben nicht die alleinige Begründung dafür, das eigene Leistungsangebot zu überprüfen. Vielmehr sollte es zum eigenen Anspruch von Leistungserbringern gehören, den Paradigmenwandel in der Eingliederungshilfe umzusetzen und ihre Angebote daran ausgerichtet erfolgreich aufzustellen.

Zur Bewertung der Ziele der Wirkinstrumente führt contec eine Verprobung mit dem bekannten iooi-Modell (input – output – outcome – impact) (Stiftung Mercator Schweiz), der Wirkungstreppe (Phineo 2021) oder der Wirkpyramide der Aktion Mensch durch. Damit ist es möglich, die Wirkung von Maßnahmen stufenweise bis hin zu Auswirkungen auf gesellschaftlicher Ebene einzuschätzen. Es empfiehlt sich zudem eine Begleitung der Implementierung von Wirkinstrumenten im Rahmen eines internen Monitorings oder einer externen Evaluation. Dies dient der Sicherung bestmöglicher Ergebnisse ebenso wie der Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen.

Verknüpfung der Wirkinstrumente

Unser Tipp: Folgende Punkte sollten Sie im Blick haben!

Auf dem Weg zum Wirksamkeitsnachweis ist es von Vorteil, folgende Punkte anzugehen, um die eigenen Leistungen bestmöglich auszurichten:

  • Gesamtpläne als Grundlage der personenorientierten Dienstleistung verwenden (ICF-Check, S.M.A.R.T Check und Gespräch mit dem Kunden)
  • Wirkung auf individueller Ebene partizipativ erfassen
  • Gruppenspezifische Indikatoren entwickeln und aggregieren
  • Indikatoren zur Wirksamkeit entwickeln und priorisieren
  • Mit dem Leistungsträger abstimmen und Vereinbarungen treffen
Text: Judith Hoffmann/Leonie Hecken
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Judith Hoffmann

Portrait von Judith Hoffmann, Management-und Organisationsberaterin, der contec

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