Fachkräfte aus dem Ausland anwerben: Das ist wichtig!
Die gezielte Anwerbung internationaler Fachkräfte aus dem Ausland bildet einen wichtigen Baustein der Strategie zur Bekämpfung des akuten und sich verschärfenden Fachkräftemangels in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Der Weg wirkt jedoch oft komplex und schreckt Unternehmen vielfach noch ab. Wir bringen Licht ins Dunkel und zeigen Ihnen, wie ein ganzheitliches Verfahren aussehen kann, um Fachkräfte aus dem Ausland erfolgreich und nachhaltig für Ihr Unternehmen bzw. Ihre Einrichtung anzuwerben
Der Fachkräfteengpass stellt die Träger- und Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft bereits heute vor erhebliche Herausforderungen, die sich Prognosen zufolge immer weiter verstärken werden. Die Anwerbung von Fachkräften, Auszubildenden und Assistenten aus dem Ausland, als Bestandteil einer nachhaltigen Personalstrategie, bietet hierbei großes Potenzial, das Unternehmen und Einrichtungen auf Dauer nutzen müssen, um ihren Personalbedarf decken und sich zukunftsfähig aufstellen zu können.
Trotzdem sucht laut einer aktuellen Umfrage der Bertelsmann Stiftung nicht mal jedes fünfte Unternehmen (18 Prozent) bezogen auf die gesamte Wirtschaft in Deutschland im Ausland nach neuen Mitarbeiter*innen. Austausch und Erfahrungen in unserer Praxis zeigen ein ähnliches Bild für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft: Verantwortliche und Entscheider*innen der Träger und Einrichtungen sind zurückhaltend, insbesondere auch längerfristig angelegte Anwerbungsprojekte zu starten, oft auch aufgrund fehlender Erfahrungswerte. Was also braucht es für die praktische Umsetzung und welche Voraussetzungen lassen die Anwerbung gelingen?
Den richtigen Rahmen für die Anwerbung schaffen
Wie bei jeder Personalbeschaffungsmaßnahme braucht es auch bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland ein fundiertes Konzept. Dabei ist es empfehlenswert vorrausschauend in die Planung einzusteigen. Die Erfahrung von educaro, Bildungsanbieter und Personalserviceagentur, zeigt, dass für eine nachhaltig angelegte, langfristig erfolgreiche Anwerbung ein Vorlauf von rund einem Jahr für die Vorbereitungsphase im Ausland einzuplanen ist. Inklusive der Anerkennungsphase in Deutschland kann somit von insgesamt 18 bis 23 Monaten bis zur Berufsurkunde ausgegangen werden. Statt „Engpassbekämpfung“ sollte also unbedingt eine langfristige Perspektive zum Tragen kommen. Darüber hinaus ist die regelmäßige, wiederkehrende Anwerbung von internationalen Mitarbeitenden über mehrere Jahre empfehlenswert, um Planbarkeit und Ressourceneffizienz maßgeblich zu steigern.
Ganz zu Beginn eines Anwerbungsprojekts sollte in jedem Fall eine sorgfältige Bedarfsanalyse durchgeführt werden. Dabei gilt es zu ermitteln, in welchen Bereichen und für welche Berufe ein Mangel an Fachkräften besteht. Fehlt nur pflegerisches Personal, oder braucht es auch Fachkräfte anderer Professionen, bspw. im Bereich Logistik, IT, Gastronomie oder Physiotherapie? Wie sieht es mit Auszubildenden, Assistenten und spezialisierten Fachkräften aus?
Tipp: Mit Blick auf die Refinanzierung sollten u. a. die neu geschaffenen Möglichkeiten der Mehrpersonalisierung nach § 113c SGB XI im Kontext des neuen Personalbemessungsverfahrens mitgedacht werden. AZAZ-Maßnahmen können ebenfalls helfen Personalkosten während der Anerkennung zu senken und somit die Gesamtkosten bis zur Berufsurkunde signifikant verringern.
Besteht über den eigenen Bedarf Klarheit, können Träger und Einrichtungen im Anschluss mit einem gezielten Anwerbungsprojekt, in der Regel in der Zusammenarbeit mit spezialisierten Organisationen, passende neue Mitarbeitende und Auszubildende identifizieren, für eine Tätigkeit in Deutschland vorbereiten und langfristig gewinnen.
☛ Wichtig: Dabei sollte immer der Anspruch einer Win-Win-Situation zugrunde liegen!
Das heißt, die Tätigkeit wird als Chance für die Migrant*innen und die Zuwanderung zugleich aber auch als Chance für die Branche begriffen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, braucht es Fairness, Ethik, Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit als grundlegenden Werte. Sie legen die Basis für eine erfolgreiche und langfristige Anwerbung und Integration.
Einen erfolgreichen Prozess gestalten
Eine wertebasierte Anwerbung und Integration von Fachkräften und Auszubildenden aus dem Ausland läuft idealtypischerweise in zwei Phasen ab.
Phase 1 | Vorbereitung im Ausland
Die erste Phase beginnt mit der Rekrutierung, Prüfung und Auswahl möglicher internationaler Kandidat*innen, bspw. mit Hilfe von Bewerbungsgesprächen und Assessment Centern. Nachhaltigkeit ist hier einmal mehr das Schlüsselwort: So sollte bereits bei der richtigen Auswahl geeigneter Bewerber*innen die Perspektive langfristiger Zusammenarbeit und Bindung im Vordergrund stehen. Harte Auswahlverfahren im Herkunftsland machen auch deshalb Sinn, weil sie die Ausfall- und Abbruchquote nach der Einreise deutlich senken und somit die Planungssicherheit für Träger und Einrichtungen erhöhen.
Nach erfolgreichem Abschluss eines Arbeitsvertrags beginnen die Vorbereitungen für die Einreise nach Deutschland und die dort geplante Zusammenarbeit. Ein Fokus liegt hierbei natürlich auf der administrativen Unterstützung und Betreuung. Darüber hinaus sind Sprach- und Kulturkurse eine wichtige Maßnahme.
Tipp: Es bietet sich an, einen Teil der Sprachausbildung in der Qualifikationsphase in Deutschland zur verorten, genauer gesagt den Teil nach dem Erwerb des Sprachniveaus auf dem Level „B1“, da bei entsprechenden Rahmenbedingen eine umfangreiche Refinanzierung seitens der Arbeitsagentur genutzt werden kann. Die Qualität eines Deutschkurses im Inland liegt zudem signifikant über der eines Kurses im Herkunftsland, wo nach dem Verlassen des (digitalen) Klassenzimmers in die Muttersprache gewechselt werden kann.
Die erste Phase findet mit der Einreise nach Deutschland ihren Abschluss und geht über in die zweite Phase.
Phase 2 | Qualifikation in Deutschland
Die Qualifikationsphase kann sich je nach Kandidat*in, geplanter Tätigkeit und fachlichem Background unterscheiden. Die angeworbenen Fachkräfte beginnen in Deutschland erstmal in einer Hilfstätigkeit (bspw. Pflegehilfskraft, Kurierfahrerin) und nehmen parallel an einer Anerkennungsmaßnahme teil. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Maßnahme erhalten sie dann ihre Berufsurkunde und werden zur Fachkraft (bspw. Pflegefachkraft, Berufskraftfahrerin). Auszubildende hingegen werden klassisch in Deutschland von Grund auf ausgebildet und haben somit eine längere Qualifizierungsphase, die jedoch auch eine engere Bindung an den Arbeitgeber ermöglicht im Vergleich zu den oft intensiven, aber kürzeren Anpassungsmaßnahmen für angeworbene Fachkräfte.
Egal ob Fachkraft oder Auszubildende, wichtig sind in jedem Fall eine engmaschige Begleitung sowie die administrative Unterstützung rund um die Ankunft und die erste Zeit im neuen Land, damit die angeworbenen Fachkräfte und Auszubildende gut ankommen, sich einleben und zugleich auf die Vorbereitung fokussieren können. Dabei stellen neben den wichtigen fachlichen Inhalten auch der Spracherwerb und kulturelle Kursinhalte einen essenziellen Bestandteil dar. Hier können zunächst banal wirkende Fragen zur Gestaltung des Alltags in Deutschland, von der richtigen Mülltrennung, über den Nahverkehr bis zur Alltagskommunikation eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Bedeutsam ist zudem das Thema Verpflegung – Integration geht eben auch durch den Magen.
Ist die Begleitung derweil nicht ausreichend gegeben, beispielsweise in der Zusammenarbeit mit Vermittlungsorganisationen, die keinen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und primär auf eine günstige und schnelle Vermittlung setzen, ist die Anwerbungsmaßnahme oft nur von kurzer Dauer – die Investition des Arbeitgebers kann damit letztlich ‚ins Leere‘ laufen. Von essenzieller Bedeutung ist dabei auch eine gute, angepasste Aufstellung des empfangenden Unternehmens bzw. der Einrichtung.
Willkommenskultur in der eigenen Organisation
Die erfolgreiche Integration von internationalen Mitarbeitenden bedarf eines entsprechenden organisationalen Reifegrades. Das bedeutet es müssen Unterstützungsstrukturen mit Angeboten wie Mentoring oder interkulturellen Sensibilisierungstrainings für das bestehende Personal angeboten werden. Organisatorische Abläufe sollten außerdem so gestaltet sein, dass sie die Vielfalt der Mitarbeitenden berücksichtigen und Chancengleichheit fördern. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, dass die neuen Mitarbeitenden zunächst in einem definierten, stabilen Bereich arbeiten und nicht gleich an verschiedenen Stellen einspringen.
Eine wichtige, verantwortungsvolle Rolle kommt auch den Führungskräften vor Ort in einer Einrichtung zu. Eine kultursensible, präsente Führung ist gefragt, die auf die Bedürfnisse und Herausforderungen internationaler Mitarbeitender sowie der bestehenden Teams eingeht und aktive Unterstützung bietet. Nur mit ihrem Einsatz und ihrer Führung gelingt es, eine offene und inklusive Arbeitskultur zu schaffen, die unterschiedliche Kulturen nicht nur akzeptiert, sondern willkommen heißt und lebt. Dazu tragen bereits kleine Maßnahmen wie wöchentliche Mittagessen mit den neuen Mitarbeitenden oder gemeinsame Feste bei. Integraler Teil des Anwerbungsprozesses sollten entsprechend immer auch Trainings insbesondere der operativen Führungskräfte sein. Darüber hinaus kann die Weiterbildung von Mitarbeitenden als Integrationsbeauftragte eine gute Stütze sein – sofern in angemessenem Maß Stunden für die Rolle zur Verfügung gestellt werden.
Mutig vorangehen und Potenziale nutzen
Die Anwerbung und Integration von Fachkräften, Auszubildenden und Assistenten aus dem Ausland bietet für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft große Potenziale und stellt unter den richtigen Bedingungen eine zukunftsgerichtete Investition dar. Träger und Einrichtungen, die hierbei vorausgehen, können sich einen wichtigen Baustein für die nachhaltige Personalplanung und gegen den Fachkräftemangel erschließen. Dabei kann diese Investition zugleich auch einen Beitrag zur Weiterentwicklung einer Organisation im Gesamten leisten.
Die richtigen Rahmenbedingungen und ein ganz ganzheitliches Verfahren, das auf den Werten Fairness, Ethik und Nachhaltigkeit basiert, ist bei der Anwerbung und Integration von internationalen Mitarbeitenden der entscheidende Erfolgsfaktor. Hilfreiche Wegbegleiter und Partner bei den Vorbereitungen und der Begleitung im Herkunftsland sowie in Deutschland, in der Funktion als Mediator bei möglichen Konflikten oder auch als Ankerpunkt für unterstützende Communities können erfahrene Vermittlungs- und Bildungsorganisationen sein.
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Text: Christian Sassin/Saskia Strangfeld© Shutterstock
Christian Sassin
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