Caring Community: Ressourcen für Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege

Caring Community Symbolbild
Dienstag, 31 Oktober 2023 08:31

Um für Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen mehr Gesundheitsförderung und Prävention möglich zu machen, braucht es angesichts fehlender Ressourcen neue Ideen, alternative Wege und vor allem viele ‚Schultern‘. Eine große Chance liegt im gesundheitsfördernden Engagement der Gemeinschaft im Quartier (Caring Community). Mit dieser Idee ist das Vorhaben „Mit.Menschen – gemeinsam gesund“ angetreten, in Zusammenarbeit mit dem PKV-Verband.

Denkt man an klassische Ansätze der Gesundheitsförderung und Prävention für Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen, kommen zum Beispiel Bewegungs- und Entspannungskurse innerhalb der Einrichtung in den Sinn. Oftmals mangelt es jedoch an personeller Ressource und an Zeit, um vielfältige Angebote anzubieten und das Thema aktiv und ganzheitlich zu gestalten. Angebote der Gesundheitsförderung können derweil die Lebensqualität der Bewohner*innen verbessern und damit letztlich auch Mitarbeitende deutlich entlasten. Das Vorhaben „Mit.Menschen – gemeinsam gesund“ setzt angesichts dieser Herausforderung auf soziale Innovation und den Ansatz einer Caring Community (= sorgende Gemeinschaft).

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Caring Community: Gesundheitsförderung zum Gemeinschaftsprojekt machen

Eine Möglichkeit, um Gesundheitsförderung zu stärken und Menschen zu finden, die Gesundheitsangebote aktiv in die Hand nehmen, liegt im Aufbau eines Netzwerks und in der strukturierten Einbindung von Freiwilligen aus dem Quartier. Die darüberliegende Vision ist die der Caring Community, in der sich die Aufgaben auf viele Schultern verteilen und in der alle Personen von der Interaktion und Gemeinschaft profitieren.

Das beinhaltet auch den Abbau von Barrieren zwischen der oft als Exklusionsort wahrgenommenen stationären Einrichtung und dem umliegenden Quartier. Der Ansatz beinhaltet also eine wechselseitige Öffnung von Einrichtung und Quartier, um die Settings miteinander zu verbinden. Heruntergebrochen auf einzelne, ganz praktische Beispiele kann das unter anderem heißen, dass das Café um die Ecke zweimal in der Woche per Rikscha mit Bewohner*innen der Einrichtung angesteuert wird und der örtliche Chor wiederum in den Räumlichkeiten der Pflegeeinrichtung probt. Dazu gehört es auch, Gesundheitsförderung breit und ganzheitlich zu denken und entsprechend förderliche Strukturen vor Ort zu entwickeln und zu schaffen.

Engagement im Quartier: zusammen weniger allein

Grundlage für den Mit.Menschen-Ansatz ist die Vernetzung zwischen Pflegeeinrichtungen und dem umliegenden Quartier sowie den dort aktiven Akteur*innen (vom Senioren- und Stadtteilbüro, über kirchliche Angebote bis hin zum Sportverein). In Quartieren bestehen zum Teil bereits punktuelle, lose Kontakte, die aber oftmals nicht aktiv genutzt werden oder in Strukturen verstetigt sind.

Nicht selten wissen Akteur*innen gar nicht im vollen Umfang, welche potenziellen Synergien und Schnittstellen in den jeweiligen Angeboten und Aktivitäten bestehen. Zu Beginn des Auf- oder Ausbaus des Netzwerks, stehen die Suche nach, und das Zusammenfinden von, passenden Partner*innen, persönliches Kennenlernen, die gemeinsame Verständigung auf die Ziele der Zusammenarbeit – und bestenfalls gegenseitige verbindliche Zusagen.

Konkret bieten sich für den Start gemeinsame ‚erkundende‘ Spaziergänge durch Einrichtung und Quartier an. So stellen Akteur*innen aus dem Quartier oftmals erst beim intensiveren Eintauchen in die Einrichtung fest, dass Angebote im Quartier bisher vor den Türen der Einrichtung aufhörten. Als hilfreich erweist sich auch eine systematische, fundierte Standortanalyse, um den gemeinsamen Ausgangspunkt und die wichtigsten Maßnahmen genauer zu beleuchten. Im weiteren Verlauf sieht die Mit.Menschen-Idee die Verteilung von Rollen im Netzwerk, die Entwicklung von Werkzeugen (z. B. Methoden) und konkreten Maßnahmen vor.

Dabei gilt: Zwar stehen viele Einrichtungen vor vergleichbaren Problemen (Freiwillige gewinnen und motivieren, Hürden und Berührungsängste abbauen), dennoch sind jede Einrichtung und jedes Quartier individuell und es kann keine einfache Schablone für die Herangehensweise geben, die auf jeden Standort anwendbar ist.

Freiwillige einbinden, aber mit Struktur

Die Akteur*innen im Netzwerk können gemeinsam den Auf- und Ausbau eines strukturierten Freiwilligenmanagements anstreben. Im Rahmen des Vorhabens Mit.Menschen geht es darum, Menschen in professionalisierter Weise in die Settings Pflege und Quartier einzubinden, entsprechend ihren Kompetenzen und Fähigkeiten. So können sie gesundheitsfördernde Aktionen umsetzen oder koordinieren – z. B. Pflegebedürftige zum Supermarkt begleiten, um ihnen einen selbstbestimmten Einkauf zu ermöglichen. Sie könnten als Digitalprofis die Einführung von Kommunikationstechnologien unterstützen. Auch gänzlich digital durchgeführte Angebote sind bei entsprechender Infrastruktur und Schulung der Kompetenzen denkbar, dies kann zudem Barrieren sowie Berührungsängste verringern.

Für die Mitarbeiter*innen der Einrichtungen bedeutet die professionalisierte Einbindung Freiwilliger Entlastung – und einen als befriedigender erlebten Berufsalltag. Die Mit.Menschen erfahren durch neue Rollen und Qualifizierungen Selbstwirksamkeit als Teil der sorgenden Gemeinschaft. Die engagierten Mit.Menschen, die zur Caring Community beitragen, können Angehörige und Quartiersbewohner*innen, aber auch die Pflegebedürftigen selbst sein, die ebenfalls Angebote ermöglichen oder begleiten können und dadurch gesunde Selbstwirksamkeit erfahren.

Während es sich in ländlichen Regionen in der Regel noch als einfacher erweist, Freiwillige zu gewinnen und einzubinden, gestaltet sich dies in Städten inzwischen oftmals sehr schwierig. Organisationen und Vereine ‚buhlen‘ um dieselben wenigen Freiwilligen oder finden potenziell Interessierte erst gar nicht. Auch hier zeigt sich die Zusammenarbeit im Netzwerk, auch unter Einbindung bestehender Strukturen wie der örtlichen Ehrenamtsagentur/-vermittlung, als wertvoll.

Mehr über das Projekt, die Rolle von E-Learning und Open Social Innovation

Sorgende Gesellschaften für gesundes Altern entstehen, wenn auch Pflegeeinrichtungen zu lebendigen Orten im Quartier werden. Der PKV-Verband unterstützt und begleitet das Projekt „Mit.Menschen – gemeinsam gesund“ aktiv im Zuge des übergreifenden Engagements im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention. Berater*innen von contec übernehmen die Umsetzung im Sinne einer Befähigung und unterstützen die Mit.Menschen-Standorte – u. a. mit digitaler Begleitung – dabei, ein Netzwerk aufzubauen und gemeinsam zu schauen, welche Strukturen bereits bestehen oder noch gebraucht werden und wie die Beteiligten vor Ort ihr Quartier stärken können.

Das Vorhaben ist als innovatives und agiles Projekt angelegt. An zwei Innovationsstandorten (jeweils bestehend aus einer Pflegeeinrichtung und Partner*innen im Quartier) haben die Beteiligten im Jahr 2023 Strukturen, vor allem in Form von Rollen, Methoden und Maßnahmen, entwickelt und erprobt. Die gesammelten Erfahrungen können ab 2024 an zwei weiteren Standorten eingesetzt, überprüft und weiterentwickelt werden.

Um das Vorhaben nachhaltig zu gestalten, muss die Sammlung, Ordnung, Analyse und Weitergabe von Erfahrungen und Wissen, die Qualifizierung der Beteiligten, der Freiwilligen, wie auch der beteiligten Akteur*innen aus Einrichtung und Quartier von Beginn an mitgedacht werden. Hier setzt der Mit.Menschen-Ansatz auf digitale Wege für Lernen und Wissensvermittlung. Auf der eigens dafür vom PKV-Verband eingerichteten Lernplattform „Gesundheit Gestalten“ werden entsprechende E-Learning-Kurse konzipiert und den Beteiligten zur Verfügung gestellt.

Im Sinne einer Open Social Innovation begleitet ein „Mit.Denk-Team“ das Projekt und bietet den Rahmen für offenen Austausch und laufende Reflexion: Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die an den Projektstandorten zusammengetragen werden, werden gemeinsam sowohl von den contec-Berater*innen als auch von externen Akteur*innen aus der Pflegebranche aufbereitet und weiterentwickelt. Im Fokus steht, das Mit.Menschen-Angebot nachhaltig und niedrigschwellig aufzusetzen – damit weitere Standorte in Zukunft von den Erfahrungen bestmöglich profitieren und das Angebot nach ihren individuellen Bedarfen nutzen können.

Am praktischen Beispiel: feierliche Zusammenarbeit

Deutlich wird das Potenzial des Mit.Menschen-Vorhabens u. a. an dem folgenden Beispiel des Projektstandorts in Bochum-Wattenscheid. Dort haben die Akteur*innen aus Einrichtung und Quartier, unterstützt durch Begleiter*innen von contec, die Mit.Menschen-Idee bereits in die Praxis umgesetzt. Die Beteiligten (Personen aus Einrichtung, Seniorenbüro, Ehrenamtsagentur, u. a.) kannten sich entweder vorher noch nicht oder hatten nur lose Kontakte. Inzwischen besteht ein enger und für alle Beteiligten fruchtbarer Kontakt und Austausch. Es konnten bereits Angebote, die bisher für Bewohner*innen der Einrichtung nicht zugänglich waren, geöffnet oder passend umstrukturiert werden, z. B. indem sie fortan in der Einrichtung stattfinden.

Den Pilotzeitraum der Standortarbeit konnten die Beteiligten inzwischen mit einem gemeinsamen Quartiersfest feierlich abschließen. Von nun an arbeitet das Netzwerk eigenständig weiter. Am zweiten Projektstandort in Hamburg-Harburg werden aktuell die ersten Angebote im Rahmen der Pilotphase umgesetzt.

  • Info: Die Auswahl der zwei Anwendungsstandorte für 2024 und auch für die Teilnehmenden im Mit.Denk-Team läuft zurzeit. Interessierte Einrichtungen und Quartiere melden sich einfach zur Infoveranstaltung am 7. November unter hallo@mitmenschen-gesund.de an – oder schreiben uns eine kurze Nachricht für einen individuellen Austausch.
  • Mehr unter: Website: www.mitmenschen-gesund.de |
    YouTube: youtube.com/@mit.menschen
Text: Ronja Christofczik/Linda Englisch
Titelbild: © Marc/Adobe Stock

Ronja Christofczik

Portrait von Ronja Christofczik, Beraterin, der contec

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