Erfolgreiche Nachfolgeplanung: So gestalten Sie den Prozess in 7 Phasen

7-Phasen der strategsichen Nachfolgeplanung
Donnerstag, 24 März 2022 10:00

Die Generation der Babyboomer geht nach und nach in den Ruhestand – zu ihr gehören auch viele langgediente Führungskräfte der Sozialwirtschaft, die ihre Unternehmen in den nächsten Jahren verlassen werden. Eine passende Nachfolge für diese Führungskräfte zu finden, ist ein zeit- und kostenintensiver Prozess und erfolgskritisch für die Zukunft des Unternehmens. Doch die Verrentungswelle trifft die Unternehmen nicht unerwartet. Zumindest im Falle des Renteneintritts wissen Sie, wann Ihre Führungskräfte ausscheiden und können daher den Nachfolgeprozess strukturiert angehen. Lesen Sie hier, wie Sie den Prozess in sieben Phasen gestalten können.

Phase 1 – Konzeption und Vorbereitung

Phase eins umfasst die Planung des gesamten Nachfolgeprozesses auf Basis der Analyse von Bedarfen und vorhandenen Strukturen. Machen Sie sich zunächst klar, welchen Weg Ihr Unternehmen zusammen mit der neuen Führungskraft einschlagen wird: Ist eine Organisationsanalyse vorab sinnvoll? Braucht es vielleicht ein neues Führungsmodell, z. B. eine Ausweitung auf eine Doppelspitze? Zur Vorbereitung gehört auch, dass Sie Verantwortlichkeiten und Zeitpunkte der Kommunikationsstrategie festlegen: Wann wird was an wen weitergegeben? Wer trägt die Verantwortung für welche Aufgaben während des Prozesses? In dieser Phase sollte das Unternehmen zudem bereits den Weg der Personalakquise definieren: Suchen Sie intern im Sinne eines Personalentwicklungsprozesses bzw. eines geplanten Karrieresprungs vorhandener Mitarbeitender oder rekrutieren Sie extern? Außerdem sollten Sie erste Maßnahmen zur Sicherung von stellenrelevantem Wissen und Netzwerken treffen.

Tipp: Beginnen Sie mit den Vorbereitungen für die Nachfolge von Schlüsselpositionen so früh wie möglich: Bei einem geplanten Ausscheiden z. B. durch den Ruhestand, empfehlen wir, eineinhalb bis zwei Jahre vor dem Rentenbeginn zu starten.

Erarbeiten Sie gemeinsam mit der ausscheidenden Führungskraft eine zu der Schlüsselposition passende Stellenbeschreibung. Diese bildet ab, welche Aufgaben bei dem oder der Stelleninhaber*in liegen und welche Kompetenzen benötigt werden. Ebenso finden sich Ziele, Aufgaben, Beziehungen zu anderen Positionen sowie Fachkompetenzen und Soft Skills der Führungskraft in der Beschreibung.

Phase 2 – Vorbereitende Maßnahmen zur Personalgewinnung

Die Stellenbeschreibung bildet die Grundlage des Anforderungsprofils, das es unbedingt braucht, um die Passgenauigkeit der eingehenden Bewerbungen zu erhöhen. Es definiert alle Anforderungen, die eine nachfolgende Führungskraft erfüllen sollte. Neben den fachlichen Kompetenzen umfasst das Anforderungsprofil auch persönliche, soziale und Führungsfähigkeiten. Nehmen Sie im Vorfeld eine Gewichtung der mitzubringenden Kompetenzen vor, denn Sie werden sehr selten einen/eine Bewerber*in finden, der/die alle Anforderungen gänzlich erfüllt.

Tipp: Wir empfehlen das multidimensionale Anforderungsprofil, das sich in der Praxis bewährt hat. Es berücksichtigt verschiedene Perspektiven auf die Anforderungen für eine Stelle: Aufsichtsrat/Stiftungsrat/Gremium, aktuelle*r Stelleninhaber*in, mittleres Management und Mitarbeitervertretung. Durch die Einbindung aller Ebenen vermitteln Sie Ihren Mitarbeitenden das Gefühl, gehört zu werden, verleihen dem Prozess Transparenz und stellen sicher, dass das Profil alle wichtigen Kompetenzen beinhaltet. Die finale Version wird am Ende durch das Aufsichtsgremium verabschiedet.

Phase 3 – Personalakquisition

Auf Basis der Stellenbeschreibung und des Anforderungsprofils folgt in Phase drei die textliche Umsetzung und Gestaltung einer für die Zielgruppe attraktiven Stellenanzeige. Neben den Aufgaben und dem gewünschten Profil sollten Sie in der Anzeige unbedingt auch Informationen zur Unternehmenskultur berücksichtigen. Wichtig hierbei ist auch, die mittel- bis langfristigen Entwicklungen beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt oder das Wettbewerbsumfeld im Blick zu haben. Zudem sollten alle Verantwortlichen in diesen Schritt einbezogen werden. Liegt die Hauptverantwortung der Personalauswahl beim Aufsichtsgremium, kann es dennoch sinnvoll sein, die Personalabteilung, die über entsprechende Kompetenzen verfügt, in das Verfassen und Schalten der Stellenanzeige einzubinden. Achten Sie auch auf eine konsistente Kommunikation, damit die Organisation „mit einer Stimme“ nach außen und innen kommuniziert. Eine Ausschreibung sollte demnach erst erfolgen, wenn die Mitarbeitenden darüber informiert wurden, dass ein Wechsel an der Spitze erfolgt.

Im Idealfall sollten Unternehmen für die Personalakquise sämtliche Kanäle, die ihnen zur Verfügung stehen, nutzen und aufeinander abstimmen. Das sogenannte Multi-Channel-Posting auf verschiedenen Jobbörsen, Google und den sozialen Medien wie Xing oder LinkedIn gewinnt zunehmend an Bedeutung. Durch zielgruppengerechte Kampagnen werden interessierte Bewerber*innen auf die Stellenausschreibung aufmerksam und der Bewerbungseingang erhöht sich qualitativ und quantitativ. Neben der laufenden Ausschreibung kann aktives Recruiting sinnvoll sein, sofern die Kapazitäten dafür gegeben sind.

Tipp: Wählen Sie für die Personalakquise einen multimodalen Ansatz: Eine Kombination der unterschiedlichen Medien (Soziale Medien, Online-Jobbörsen, Google, Zeitungen/Zeitschriften, persönliche Mailings, Aushänge) für die Veröffentlichung der Stellenanzeige führt zur größtmöglichen Reichweite und erhöht so die Chancen darauf, viele und vor allem qualitativ gute Bewerbungen zu erhalten.

Beispiel – so kann der zeitliche Ablauf eines strategischen Nachfolgeprozesses aussehen:

Phase 4 – Personalauswahl

Für Phase vier, den Personalauswahlprozess, sollten Sie im Anschluss etwa zwei bis drei Monate einplanen. Bei Schlüssel- und Führungspositionen bietet es sich an, mehrere Auswahlrunden mit den Bewerber*innen zu durchlaufen und die Vorstellungsgespräche im Rahmen von strukturierten Interviews zu führen. Außerdem können professionelle Eignungsdiagnostik-Instrumente die Auswahl erleichtern, wie beispielsweise das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) oder Profiles XT. Diese bieten Ihnen die Möglichkeit, die Eignung für die vakante Position nicht nur auf fachlicher Basis, sondern auch im Hinblick auf die Kultur und das Team zu eruieren. Doch Achtung: Die Anwendung dieser Instrumente erfordert Kenntnisse bis hin zu Zertifizierungen im Umgang. Laien sollten diese Form der Eignungsdiagnostik nicht durchführen, weil unter Umständen verfälschte Ergebnisse herauskommen könnten, die den Prozess eher behindern.

Assessment Center als Instrument der Personalauswahl können ebenfalls angedacht werden. Aus unserer Erfahrung ist es auf jeden Fall sinnvoll, Elemente des Instruments in Auswahlverfahren z. B. in eine finale Runde zu integrieren, um andere Eindrücke und Bewertungsgrundlagen mit in die Entscheidung einfließen zu lassen. Für den gesamten Prozess der Personalakquise kann es sich unter Umständen lohnen, eine externe Beratung hinzuzuziehen. Gerade auf der Ebene der Führungskräfte ist der professionelle Umgang mit Instrumenten wie dem Anforderungsprofil oder Assessment-Elementen besonders wichtig. Der Blick von außen ermöglicht es, keine Aspekte zu übersehen.

Rekrutieren Sie nicht ausschließlich extern, sondern halten Sie auch im eigenen Unternehmen die Augen offen: Welche Talente und Potenziale finden sich unter den Mitarbeitenden? Wenn ein*e Nachfolger*in die unternehmensinternen Abläufe schon kennt, kann die Einarbeitungszeit kürzer und weniger aufwendig gestaltet werden, als wenn einer extern gewonnenen neuen Führungskraft zunächst die Grundlagen intensiv vermittelt werden müssen. Die interne Personalbeschaffung hat darüber hinaus einige Vorteile. Sie

  • ermöglicht eine strategische Mitarbeiterentwicklung
  • bietet Aufstiegschancen
  • steigert die Arbeitgeberattraktivität
  • verringert das Risiko einer Fehlbesetzung

Trotz vieler Vorteile ist die interne Personalauswahl nicht immer der richtige Weg: Externe Kandidat*innen bringen unter Umständen eine neue Perspektive und „frische“ Ideen mit, von denen das Unternehmen profitieren kann. Zudem kann es sein, dass die vorhandenen Talente nicht den Anforderungen an die zu besetzende Stelle genügen und deshalb auf externe Bewerber*innen zurückgegriffen werden muss. Es empfiehlt sich daher, auf einen ausgewogenen Mix von externen und internen Rekrutierungsmöglichkeiten zu setzen.

Wie Sie mit einem strukturierten Talentmanagement die Potenziale in Ihrem Unternehmen erkennen und fördern, erfahren Sie hier.

Phase 5 – Einstellung

Phase fünf widmet sich der Entscheidung für einen passenden Kandidaten oder eine passende Kandidatin. Vertragsverhandlungen müssen geführt, Verträge aufgesetzt werden. Das kann schon mal zwei bis vier Wochen in Anspruch nehmen. Idealerweise haben Sie dies in der Planungsphase berücksichtigt und beispielsweise einen Mustervertrag erarbeitet, der es Ihnen und dem Gremium erlaubt, zügig und gut vorbereitet zu reagieren und flexibel auf etwaige Einzelwünsche einzugehen. Auch hier ist das Timing der Kommunikation besonders wichtig. Stimmen Sie sich ab: Wer kommuniziert zu dem oder der Bewerber*in, wer steuert die interne Kommunikation und wann wird die Neubesetzung veröffentlicht? Doch der Nachfolgeprozess endet nicht bei der Vertragsunterzeichnung.

Phase 6 – Executive Onboarding

Erst wenn die neue Führungskraft die Geschäfte vollständig und erfolgreich übernommen hat, kann der Prozess als abgeschlossen gelten. Erfolgskritisch ist dafür die Phase des Executive Onboardings. Planen Sie für die Einarbeitung des/der Nachfolger*in im Vorfeld u. a., ob und wenn ja, wie lange eine Überlappungszeit mit dem oder der Vorgänger*in dauern soll. Wir empfehlen, wenn die persönliche Chemie stimmt und es vom zeitlichen Rahmen her möglich ist, eine Überlappungszeit von vier bis acht Wochen. Die Überlappungsphase ist eine Zeit für Fingerspitzengefühl. Neben klassischen organisatorischen Fragen (wer hat welche Rolle und welche Entscheidungsbefugnisse?) gilt es auch, weiche Faktoren zu berücksichtigen, um beiden Personen Wertschätzung gegenüber zu bringen. Dann geht es um Fragen wie: Wer sitzt an welchem Schreibtisch? Wann werden Tür- und Namensschilder ausgetauscht? Ab wann ist der oder die Neue erste*r Ansprechpartner*in für Mitarbeitende? etc. Gut geplant und umgesetzt dient diese Zeit dem Wissenstransfer und ermöglicht eine operative Einarbeitung auf hohem Niveau. Bei fehlender Überlappungszeit ist die Einbindung des Führungskräftependants oder einer anderen Führungskraft in dieser Phase äußerst ratsam.

Die Verantwortlichkeit für das Gelingen des Onboardings sollte beim Aufsichtsgremium verortet sein, denn das Executive Onboarding geschieht auf einem wesentlich höheren Niveau als die Einarbeitung von Mitarbeitenden unterer Hierarchieebenen. Damit fällt diese Verantwortung nicht mehr allein in den Personalbereich des Unternehmens.

☛ Mehr Informationen sowie Praxis-Tipps rund um die erfolgskritische Phase des Executive Onboarding bietet das Handbuch „Ihr Wechsel an die Spitze. Die ersten 100 Tage im Job“, das Sie kostenfrei herunterladen können.

Phase 7 – Staffelstabsübergabe

Phase sieben stellt den Abschluss des Prozesses dar. Mit einer offiziellen Verabschiedung, zum Beispiel in Form einer offiziellen Feierlichkeit, endet auch der strategische Nachfolgeprozess. Besonders empfehlenswert ist eine symbolische Staffelstabsübergabe, bei der die alte Führungskraft verabschiedet und die neue begrüßt wird.

Die Nachfolge in sieben Phasen ist ein Idealprozess, der vor allem bei einer geplanten Unternehmensnachfolge mit Blick auf Verrentung als Muster dienen kann. Damit Sie ebenso auf kurzfristige Führungswechsel z. B. durch Krankheit oder eine Kündigung seitens der Führungskraft gut vorbereitet sind, ist es besonders wichtig, eine Strategie zu entwickeln und im Unternehmen zu implementieren, mit der Sie auf jeden Führungswechsel reagieren können.

Text: Lisa Ringele
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