Mit psychologischer Strategie durch die Krise: Ziele setzen und Potenziale nutzen

Psychologische Strategie
Dienstag, 09 Juni 2020 13:31

Teil IV Führen in der Krise Krisen können Unternehmen vollkommen unerwartet treffen. Sie erfordern eine zeitnahe, möglichst treffsichere und sensible Reaktion – sowohl zur Krisenintervention als auch hinsichtlich des Umgangs mit den Mitarbeitenden, die hochgradig verunsichert sind. Wir geben Ihnen Tipps für eine psychologische Strategie zur Bewältigung der Verunsicherung und zeigen Ihnen, wie Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden eine Krise wie die derzeitige Corona-Pandemie nicht nur überstehen, sondern auch daran wachsen.

Krisen sind gefährliche Höhepunkte in einem sozialen System. Insbesondere dann, wenn es sich um eine unbekannte Gefahr handelt, entsteht im Unternehmen schnell große Unsicherheit. Kennt man die psychologischen Mechanismen in einer Krisensituation, kann man strategisch daran arbeiten, mit diesen umzugehen.

Vier Tipps für eine psychologische Strategie in der Krise

1. Überblick verschaffen

In der Krise gilt es zunächst, die Gefahrensituation zu bewerten und sich einen Überblick zu verschaffen. Wenn sich die Ereignisse überschlagen, kann das bedeuten, die Situation mehrmals täglich neu zu bewerten. Dabei ist der Austausch mit den Mitarbeitenden ein zentrales Element. Denn das konkrete Handeln in der „first line“ führt schnell zu neuen Erkenntnissen, ein Kernelement des Gesamtüberblicks. Eine zweite zentrale Ressource ist der Austausch mit anderen Führungskräften, Experten und weiteren Beteiligten. Durch den Austausch bleiben wir aktuell und handlungsfähig. Wir können die notwendigen Handlungsschritte und die unterstützenden Rahmenbedingungen schneller erkennen und die notwendigen Maßnahmen zügig in die Wege leiten. Das macht uns sicherer in unseren Entscheidungen und diese Sicherheit färbt auf unsere Mitarbeitenden ab.

2. Schnelles Lernen ermöglichen

Bei Krisen wie der Pandemie, die für alle Beteiligten neu ist, fehlt es an Erfahrungen und Handlungsvorlagen, wie wir eine Verbesserung der Lage erreichen können. In dieser Situation geht es darum, auch bei relativer Unwissenheit zu handeln und aus den Erfahrungen neues Wissen zu generieren. Natürlich werden wir dabei improvisieren müssen und wir werden auch Fehler machen. Wichtig ist dann schnelles Lernen. Dazu sollte der regelmäßige Austausch unter und zu den Mitarbeitenden sowie zwischen den Führungskräften und zu Experten und anderen Beteiligten ermöglicht werden. Die Kommunikation und das Etablieren von ggf. weiteren Kommunikationswegen, die eine schnelle Rückmeldung ermöglichen, spielt dabei die entscheidende Rolle. Alle Erfahrungen im Umgang mit der neuen Situation sind jetzt hilfreich, positive wie negative. Denn die Information darüber, was nicht funktioniert, ist genauso wichtig, wie die Kommunikation von Fortschritten. Wir lernen in jedem Fall gemeinsam dazu.

3. Mitarbeiterpotenziale nutzen

Mitarbeitende sind eine wichtige Größe in der Krisensituation. Sie stehen bereit, sehen die Notwendigkeit zu handeln und haben kreative Ideen. Es steht ein hohes Mitarbeiterpotenzial zur Verfügung, das mit klarer Kommunikation von Zielsetzung und Aufgabenstellung seitens der Führungskräfte zum Einsatz gebracht werden kann. Wann immer möglich, sollten Mitarbeitende entsprechend ihrer Potenziale und Talente eingesetzt werden. Alles, was wir gerne machen und was uns gut liegt, ist für uns hoch attraktiv und wir empfinden es als wenig anstrengend. Damit bleibt eine hohe Motivation und Leistungsbereitschaft erhalten und es ist auch noch Platz für kreatives Weiterdenken.

Die Führungskräfte dürfen sich in der Situation als ,Einsatzleitung‘ verstehen. Es ist entscheidend, dass sie den Überblick behalten, die Fäden zusammenhalten und für Ressourcen und Unterstützung sorgen, damit ihre Mitarbeitenden ihre Aufgaben gut erledigen können. Eine besondere Herausforderung in Krisenzeiten! Auch wenn Rückmeldungen von den Mitarbeitenden, der Austausch mit anderen Führungskräften, Experten und Beteiligten gut geplant sind, wird es in der Krise viele Änderungen der Rahmenbedingungen geben, die eine Anpassung der Ziele oder des Vorgehens erfordern. Wer zu sehr mit anpackt, löst kurzfristig ein Problem, verliert aber womöglich einen wichtigen Aspekt aus den Augen, der sehr zeitaufwändig nachgearbeitet werden muss.

4. Handeln

Wären wir als Kinder nach dem Grundsatz verfahren: „Ins Wasser gehe ich erst, wenn ich schwimmen kann“, dann hätten wir das Schwimmen wohl bis heute nicht gelernt. Stattdessen sind wir ins Wasser marschiert mit einer geringen Chance, dass unsere ersten Schwimmbewegungen uns über Wasser halten. Die vorherigen Trockenübungen und alles, was wir uns überlegt hatten, hat im Wasser nur bedingt geholfen. Immerhin: Es hat ein wildes Herumprobieren verhindert und uns ein wenig näher an hilfreiche Bewegungen herangebracht, womit sich unsere Chancen erhöht haben, der Lage Herr zu werden. Aber erst mit unseren weiteren Schwimmversuchen haben wir angefangen, dazuzulernen.

Wenn wir von einer Krise überrascht werden, ist es gut, wenn wir uns an unser Lernpotenzial erinnern. Auf neue gefährliche Herausforderungen können wir uns nur bedingt vorbereiten, weil sie sich fast immer anders entwickeln, als wir angenommen haben. Konkret bedeutet das, wir müssen handeln, auch wenn wir die Folgen unserer Aktionen nicht sicher abschätzen können. Nur so lernen wir, wie wirksam wir mit welchen Maßnahmen sein können und was uns letztlich hilft, uns sicher in der neuen Situation zu bewegen.

Text: Monika Puls-Rademacher/ Lisa Ringele
© You X Ventures/ Unsplash

Silvia Breyer

Portrait von Silvia Breyer, contec GmbH

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